Zu Besuch in Namibia
„Was macht ihr, wenn ihr nicht singt?“ Bei einer Ökumenischen Partnerschaftsbegegnung mit Christinnen und Christen in Namibia erlebten sieben junge Erwachsene aus dem Kirchenkreis Essen einige Überraschungen. Mit viel Neugierde und Vorfreude hatten sie sich im Herbst letzten Jahres auf den Weg gemacht, um die Partner im südlichen Afrika kennenzulernen und eine aufregende Woche zwischen Wüste und Küste, Großstädten und Dörfern zu verbringen.
Der Kirchenkreis Essen ist seit vielen Jahren mit dem Andreas-Kukuri-Center, einem Bildungszentrum der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Namibia, verbunden. Um dieser Partnerschaft einen neuen Impuls zu geben, entstand die Idee, junge Erwachsene aus beiden Kirchen zusammenzubringen. Das Bildungszentrum stellte den Kontakt zu jungen Namibiern her und lud uns ein, sie im Herbst 2022 zu besuchen.
Über Monate bereiteten sich die jungen Menschen aus beiden Kirchen auf die erste Begegnung vor. Hinzu kam ein junger Mann aus der Hussitischen Kirche im tschechischen Brno, einer weiteren Partnerkirche des Kirchenkreises Essen. Wir trafen uns per Videokonferenz und schmiedeten Pläne. Ich durfte die Gruppe bei der Vorbereitung und auf der Reise begleiten.
DIE REISE BEGINNT
Ende Oktober 2022 reisten Franziska Schade (u.a. Presbyterin in unserer Gemeinde), Janik Marschall, Jenny Aden, Alexander Schumann, Eva Thomé und Cedrik Pelka aus Essen zusammen mit Jan Forejtník aus Brno nach Windhuk, der Hauptstadt von Namibia. Vivian Haoses und Sylvanus Otavi begrüßten uns herzlich am Flughafen und nahmen uns erst einmal mit in ein Restaurant. Die beiden freiwilligen Mitarbeitenden der namibischen Kirche hatten ein ausführliches Besuchsprogramm ausgearbeitet. Sie begleiteten uns in den nächsten Tagen in einem kleinen Bus auf einer Reise quer durch Namibia, bei dem wir unterschiedliche Gemeinden kennen lernen sollten.
Die Unterhaltung auf Englisch fiel uns leicht und der herzliche Humor der namibischen Freunde brach sofort das Eis. Doch bevor wir das Gepäck in den Bus luden, sangen die Namibier uns erst einmal ein mehrstimmiges Lied vor. Es war eine gute Einstimmung auf das, was wir in den nächsten Tagen erleben durften: Großartigen Gesang und herzliche Gastfreundschaft.
CHORGESANG HAT EINE GROSSE BEDEUTUNG
Vivian, Sylvanus, Terence und Warren nahmen uns mit auf eine Tour quer durch das Wüstenland. Wir lernten die Vielfalt Namibias kennen, besuchten entlegene Dörfer und pulsierende Städte, lernten viele engagierte Christinnen und Christen kennen und hörten umwerfend schöne Chormusik. Das miteinander Singen prägt die kirchliche Gruppenarbeit in dieser südafrikanischen Kirche ganz besonders. Wenn sich junge Erwachsene in der Gemeinde treffen, dann in erster Linie als Chor. Umso erstaunter waren sie, als wir in den Gesprächen erzählten, dass in deutschen Gemeinden kaum gesungen wird. Dass wir uns treffen, um uns unterhalten, zu spielen und gemeinsame Aktionen zu planen, überraschte unsere Partner. Doch je länger wir uns austauschten, umso mehr Gemeinsamkeiten entdeckten wir auch.
KIRCHE DER KONTRASTE
Natürlich übten die Namibier auch Kritik an ihrer eigenen Kirche: Die Gottesdienste sind meistens nur für ältere Menschen gestaltet und die Arbeit mit jungen Erwachsenen wird nicht gefördert. Es findet nur etwas statt, wenn die jungen Menschen selbst etwas initiieren und auch finanzieren. Wir trafen auf Gemeinden, in denen das sicher schwierig war.
In ländlichen Gebieten sprachen wir mit ehrenamtlich Engagierten, die uns von Arbeitslosigkeit und Alkoholproblemen berichteten. Ein starker Kontrast dazu waren die größeren Städte an der Küste, in denen die Industrie und der Tourismus Arbeitsplätze schafft. Eine Gemeinde dort hatte über 20 Chöre und das Gemeindezentrum sah besser aus als so manches Haus in Essen.
Wir plantschten im Pool, schoben den Bus durch eine Sandpiste, spielten alberne Kreisspiele, erklommen eine über hundert Meter hohe Düne, schliefen mit 15 Leuten auf dem Boden eines Wohnzimmers und diskutierten über die Bibel und den Glauben. Am Wochenende hatte Vivian ein Jugendcamp in Walvis Bay organisiert, bei dem wir noch einmal intensiv miteinander ins Gespräch kamen.
WEITERE TREFFEN SOLLEN FOLGEN!
Die Woche endete mit einem fünfstündigen Gottesdienst, bewegenden Liedern und langen Ansprachen in der Hosianna-Kirche. Zum Abschluss waren sich die Teilnehmenden einig: Wir müssen uns wiedersehen! In diesem Jahr wollen die Essener den Kontakt zu jungen Erwachsenen der Hussitischen Kirche in der Diözese Brno ausbauen und sich mit ihnen in der Tschechischen Republik treffen. Nächstes Jahr wollen sie dann die Partner aus Namibia nach Essen einladen. Sie werden das Gespräch darüber weiterführen, wie junge Menschen ihre Kirche aktiv gestalten können.
Text & Bild: Claudio Gnypek