kein Gepäck

Du stehst am Eingang.
Vor dir ein Schild mit vielen rot durchgestrichenen Bildern.
Rauchverbot. Keine Hunde. Keine Pommes, insgesamt kein Essen.
Kein Eis und auch keine Spiele.
Ja und das Telefon sollte auch auf stumm geschaltet sein.
Du stehst am Eingang und du kennst die Schilder nur allzu gut.
Eine Zigarette brauchst du eh gerade nicht.
Einen Hund hast du auch nicht dabei.
Das Eis ist schon aufgegessen.
Du bist bereit und steht am Eingang mit deiner Tasche in der Hand.
Und dann fällt dein Blick auf dieses einen Schild.
Es klebt neu an der Tür unter all den anderen Schildern.
Keine Taschen: Keine großen und kleinen – überhaupt kein Gepäck.
Du stehst vor der Tür und was nun?

Er geht schnurstracks auf die Tür zu, nur noch ein paar Schritte dann ist er da.
Seine Freunde winken ihm bestärkend zu.
Und nun steht er da vor Jesus.
Geht mit seinem Gepäck in die Knie
und fragt: »Guter Lehrer, was soll ich tun, damit ich das ewige Leben bekomme?« Und der Lehrer antwortet kurz und klar: Halte die Gebote. Das ist, was du tun kannst“.
Der Mann schaut in das Gepäckstück, was er auf seinem Rücke trägt.
Löst die Schnüre, die alles zusammenhält und schaut hinein.
Kein Mord und auch kein Ehebruch,
nichts Gestohlenes und auch keine falschen Aussagen,
nichts, was er durch Betrug erstanden hat und dazu ein Bild seiner Eltern.
Stets in Ehren gehalten.
Er nickt zufrieden und antwortet: Das habe ich alles gemacht.
Und Jesus schaut ihn an und gewann ihn lieb.
Du hast alle Gebote gehalten von klein an.
Stets alles getan, was du konntest. Du bist ein guter Junge.
Eines fehlt aber noch: Geh los. Verkaufe alles, was du hast, und gib das Geld den Armen.
So wirst du unverlierbaren Reichtum im Himmel haben. Dann komm und folge mir!«

Dem Mann auf den Knien gefriert sein Lächeln auf dem Gesicht.
Er geht noch einmal alle Verbots Schilder durch.
Wiederholt sie flüsternd wie die Punkte auf einer Einkaufsliste:
Nicht töten, nicht Ehebrechen, nicht stehlen, keine falschen Aussagen machen, nicht betrügen und Vater und Mutter ehren. Check habe ich alles.
Und dann sieht er dieses eine Schild.
Kein Gepäck. Keine Taschen nicht die Große und auch nicht die kleinen.
Geh los und verkaufe alles, was du hast.
Das ist zu viel. Das kann er nicht.
An diesem Tag scheitert der Mann an der Eingangstür.
Er steht auf und schultert sein Gepäck.
Traurig geht er davon. Denn er hatte viel Gepäck.

Wie reist du durch das Leben?
Welche Schätze trägst du in deinen Taschen?
In den großen und kleinen.
Ein Taschentuch und eine Maske.
Ein Handy und ein Schlüssel bestimmt.
Ja ein Schlüssel zu einem Ort, wo all das andere sperrige Zeug herumsteht.
Die Bücher in den Regalen, der Kaffeebecher und die Cremes im Badezimmer. Irgendwo eine Schatulle mit Schmuck. Ketten und Armändern.
Oder ein Kästchen mit alten Briefen, Eintrittskarten und Fotos.
Eine Festplatte voller Bildern und Musik.
Alles Zeugnisse deines Lebensweges
und auch deiner Art zu leben, deines Way-of-life.
Wie viele der 10 Gebote du auch halten konntest.
Am Ende stehst du vor diesem 11 Schild: Geh los. Verkaufe alles, was du hast, und gib das Geld den Armen.
So wirst du unverlierbaren Reichtum im Himmel haben. Dann komm und folge mir!«
Der Himmel muss menschenleer sein.
Nun hin und wieder hört man jemanden gegen den Rahmen der Eingangstür krachen.

Jesus schaut dem Mann hinter her und dann in die Gesichter seiner Jünger.
Da stehen sie in einem Kreis um ihn herum.
Mit verstohlenen Blicken schauen sie zu ihren Taschen,
kleine und große, die zu ihren Füßen liegen.
Und er sagt: „Ja, Kinder, wie schwer ist es doch, in das Reich Gottes zu kommen.
Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als dass ein Reicher in das Reich Gottes hineinkommt.“
„Wer kann dann überhaupt gerettet werden?“, fragt einer der Jünger.
Und Jesus antwortet: „Für Menschen ist es unmöglich, aber nicht für Gott. Denn für Gott ist alles möglich.“

Und ich denke mir.
Gott sei Dank, dass die Jünger da herumstehen.
Und Gott sei Dank schweigen sie nicht, angesichts dessen, was sie gerade mit Jesus erlebt habe.
Nach dem Motto: Wer zuerst zuckt, hat verloren.
Welche eine kostbare Frage: Wer kann dann überhaupt gerettet werden?
Ist dein Himmel menschenleer? Ist da überhaupt einer?
Oder tanzen auf dem Parkett des Himmels nur die Lichter der Diskokugel?
Ja Gott sei Dank stehen die Jünger da herum.
Und Gott sei Dank antwortet Jesus ihnen auf die Frage und malt nicht nur stumm im Sand herum.
Für Menschen ist es unmöglich, aber nicht für Gott. Denn für Gott ist alles möglich.“

Gott sieht dein Wühlen und Kramen und Sammeln und Aussortieren.
Und er gewinnt dich lieb.
Er sieht dein Bemühen den Rucksack sauber zu halten
von scharfen, bissigen Worten, und von einem Leben auf Kosten von anderen.
Er sieht auch dein Ausgeliefertsein an Flecken, die immer wieder entstehen,
weil du nicht alles im Blick haben kannst,
jede Entscheidung an anderer Stelle Leid nach sich ziehen kann.
Und er gewinnt dich lieb. Er sieht dich, wenn du dich klammerst,
an Dinge, die dir Sicherheit geben.
Sie können ganz unterschiedliche aussehen:
Die eigene Wohnung, das Auto, das Geld auf dem Konto
oder klare Regeln: Regeln, die ganz eindeutig sagen, was richtig und falsch ist,
welcher Lebensentwurf akzeptabel ist und welcher nicht,
wer zu den Guten gehört oder wer zu den Bösen.
Oder aber es ist das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, an die ich mich klammere.
Wenn ich mich genügend anstrenge schaffe ich es schon alleine.
Bloß nicht um Hilfe bitten und Schwäche zeigen.
Er sieht dich und gewinnt dich lieb.

Eins fehlt eben noch – dass wir neben all dem Tun und Bemühen die Gebote zu befolgen,
das Loslassen lernen müssen.
Und Loslassen, ich denke, dass wissen wir alle,
ist manchmal am schwersten.
Bei dir und bei Mir ist’s unmöglich, aber nicht bei Gott;
denn alle Dinge sind möglich bei Gott.
Er behält den Fuß in der Tür – für dich und für mich.
Denn Gott hat uns schon das Gewicht von den Schultern genommen.
Das Eingangsschild überwunden in Jesus Christus,
damit uns nichts mehr von ihm trennt.
Bei ihm ist es möglich. Auch das Loslassen.

Am Eingang stehst du und es ist ganz klar.
Gott macht seinen Himmel menschenvoll.
Und alles Gepäck, das lassen wir hier.
Das können wir eh nicht gebrauchen – wenn’s soweit ist.

(mit Gedanken aus einer Predigt von Pfarrerin Katharina Loh)