Seid geduldig

Eine Predigt zum 3. Advent mit Jakobus 5,7-8

 

Ich habe lange überlegt, was ich als Prediger heute sagen soll.

Letztlich habe ich mich entschieden, ihnen heute eine etwas andere Predigt zuzumuten.

Ich versuche es mal mit mehr Beteiligung und werde nicht einfach nur reden.

Zuhören müssen Sie ja in dieser Art von Gottesdienst ohnehin mehr als sonst.

Und ich kann ihre Gesichtsausdrücke von hier vorne kaum erahnen – ich merke das fehlt mir mittlweile schon sehr –

und deshalb wage ich jetzt mal Fragen zu stellen und bitte Sie um ein Handzeichen, wenn Sie die Frage mit Ja beantworten.

Wir fangen mal einfach an:

1. Wer hat mindestens einen Adventskalender zu Hause?

2. Wer hat einen Kalender mit essbarem Inhalt?

3. Wer hat einen mit Lesbarem (oder Bildern so wie früher)?

4. Wer hat einen mit selbst gemachten Inhalten?

Dann habe ich noch drei etwas persönlichere Fragen.

5. Wer freut sich auf Weihnachten?

6. Wer weiß noch nicht ganz genau, wie das mit dem Weihnachten Feiern dieses Jahr bei ihm persönlich werden wird?

7. Wer würde von sich sagen: ich bin ein recht geduldiger Mensch?

Wir haben in der Lesung aus dem Lukasevangelium (Lukas 21,25-33) von Zeichen gehört,

Zeichen für das Kommen des Menschensohnes.

Es ist eine uralte Vorstellung von einem der kommt und dessen Ankunft Gutes verheißt für diese Welt

oder zunächst mal für die, die ihn aufnehmen und in der Folge später dann auch für alle anderen.

Jesus verbindet diese Vorstellung vom kommenden Menschensohn mit seiner Botschaft vom Reich Gottes.

Und er weckt große Erwartungen, indem er sagt:

Wenn ihr seht, dass dies alles geschieht, so wisst, dass das Reich Gottes nahe ist.

… Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte werden nicht vergehen.

Und die Betonung liegt nicht darauf, dass etwas vergeht, denke ich,

sondern auf dem, was eben nicht vergeht – auf dem, was bleibt.

Wenn aber dies anfängt zu geschehen,

dann seht auf und erhebt eure Häupter,

weil sich eure Erlösung naht.

Religion, wenn sie mit Glauben zu tun hat, mit Gottvertrauen, bezieht etwas mit ein, das noch nicht ist.

Ich glaube, das gehört immer dazu.

Und so gehört Erwartung immer dazu.

Es steht noch etwas aus …

Die Adventszeit hält uns in dieser Spannung Jahr für Jahr.

… ich spreche in diesem Jahr nicht so gerne von Vorfreude.

Das fällt mir schwer.

Aber ich weiß, es gibt auch in diesem Jahr Vorfreude auf Weihnachten

zumindest bei den Kindern und bei einigen Erwachsenen auch.

In jedem Fall sind wir in einer Wartezeit und wie «vertreibt» man da am besten die Zeit? Wie verbringt man sie?

Was beim Warten manchmal hilft, ist die Zeit in kleine Abschnitte einzuteilen.

Mir fällt dazu das klassische Bild vom Gefangenen ein,

der jeden Tag einen Strich an die Wand malt.

Oder alltäglicher – die Ladebalken, wenn ein Computer hochfährt oder ein Update geladen wird. Bei unseren mobilen Geräten haben wir uns an

Prozentanzeigen gewöhnt z.B. beim Aufladen der Akkus.

Dann fällt das Warten zumindest etwas leichter.

Wenn ich die noch verbleibende Zeit genau weiß, ist das Ende absehbar.

Aber beim Warten auf den Menschensohn, auf das Reich Gottes, auf die Erlösung, auf den Christus … auf das Gute, das kommen soll.

Da weiß man’s nicht genau.

Und im Neuen Testament schreibt deshalb einer: So seid nun geduldig, Brüder und Schwestern, bis zum Kommen des Herrn.

Wie soll das gehen?

Ich habe mich lange für einen recht geduldigen Menschen gehalten.

Und ich merke jetzt, wie meine Geduld auf die Probe gestellt wird

und auch an ihr Ende kommt. Ich erlebe gerade eine Situation, die will ich einfach nicht noch länger aushalten.

Das alles soll bitte bald ein Ende haben.

Wie lange denn noch?

Woher soll ich die Geduld denn bitteschön noch nehmen?

So seid nun geduldig, Brüder und Schwestern, …

Eine kleine Hilfestellung bietet der Bruder, der sich Jakobus nennt, in seinem Brief noch:

Seht, der Bauer wartet auf die kostbare Frucht der Erde und ist dabei geduldig,

bis sie empfange den Frühregen und Spätregen.

Seid auch ihr geduldig und stärkt eure Herzen;

denn das Kommen des Herrn ist nahe.

«Das Gras wächst auch nicht schneller, wenn man daran zieht», sagt man.

Der Bauer, der etwas anbaut, ist keineswegs untätig,

er bereitet der kostbaren Frucht den Boden.

Dann wartet er geduldig auf den Regen und lässt die Natur ihr Ding machen.

Seid auch ihr geduldig und stärkt eure Herzen.

Ich finde, es kann die Herzen stärken, wenn man überhaupt erstmal sagen darf,

wie schwer es fällt – das Warten.

In einer Situation wie unserer an diesem 3. Advent will ich hier keine leichtfertigen Durchhalteparolen verbreiten.

Das fand ich im Frühjahr schon unangemessen und denke wieder, es wird dem Ernst der Lage einfach nicht gerecht,

es sich jetzt leicht zu machen.

Worte, die wenig bewirken, hatten wir in diesem Jahr schon genug.

Es muss schon was mit der eigenen Erfahrung zu tun haben, sonst sag ich lieber nix.

Seid auch ihr geduldig und stärkt eure Herzen.

Beim Warten im Advent helfen manchmal Adventskalender.

Dann ist das Ziel in Sicht und man kommt jeden Tag Türchen für Türchen voran.

Meine Frau hat einen Adventskalender mit lauter selbst gemachten Sachen.

24 Leute haben sich dafür zusammengefunden und ihre kleinen Geschenke ausgetauscht für diesen Advent.

Vor ein paar Tagen war ein Päckchen «Geduldsfäden» dabei.

Sie fand in der Verpackung ein Sortiment von diesen süßen Schnüren,

die es an jeder gut sortierten Trinkhalle in vielen bunten Farben zu kaufen gibt.

Dabei war noch ein Beipackzettel, auf dem stand: Geduldsfäden, falls deiner mal reißt. (oder so ähnlich)

Seid auch ihr geduldig und stärkt eure Herzen.

Ich habe mir überlegt, das versuchen wir jetzt mal.

Adventskalender enthalten kleine Stärkungen für jeden Tag.

Und unsere Herzen stärken, das ist doch was, das wir gemeinsam tun hier im Gottesdienst.

Nehmen Sie doch mal das Blatt mit den Liedtexten zur Hand und einen Stift.

Und dann schreiben Sie sich auf der Rückseite auf, was ihr Herz in dieser Zeit stärkt.

Und schreiben Sie auch mal auf, was gerade an ihrem Geduldsfaden zerrt.

Wir können uns das beides anschließend sagen, einfach so,

ohne dass jemand es kommentiert,

auch ich werde alles Gesagt so stehen lassen.

Seid auch ihr geduldig und stärkt eure Herzen;

denn das Kommen des Herrn ist nahe.

Amen.